Der G20ApUA ist ein Zusammenschluss von Personen und Gruppen mit dem Interesse, die Vorgänge rund um den G20-Gipfel aufzuarbeiten. Da von offizieller Seite keine Aufklärung zu erwarten ist, werden wir das selbst in die Hand nehmen.

G20ApUA: Ungebrochener Verurteilungswille der Hamburger Justiz

Posted: April 20th, 2018 | Author: | Filed under: Ergebnisse | No Comments »

Im Berufungsverfahren des Niederländers Peike S. am Landgericht Hamburg hat die
Vorsitzende Richterin am 10. Verhandlungstag einen Antrag abgelehnt, Videomaterial als Beweismittel beizuziehen, das Peike S. entlasten könnte. 
 
Peike S. war im August 2017 von Amtsrichter Johann Krieten im ersten G20 Prozess zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt worden, weil er sich angeblich des schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte bei der Festnahme schuldig gemacht hätte. In diesem ersten Prozess hatten laut Hamburger Polizei keine Foto- oder Videoaufzeichnungen vorgelegen; die Verurteilung hatte lediglich auf Zeugenaussagen von zwei Berliner Polizisten beruht. Im Berufungsverfahren kam nun heraus, dass die schriftlichen Zeugenaussagen der beiden Beamten auf Veranlassung der  SoKo „Schwarzer Block“ aufeinander abgestimmt worden waren.
 
Inzwischen hat sich außerdem herausgestellt, dass bei der Festnahme am 6. Juli 2017 zwei Beamte mit Videokameras zugegen waren. Zudem wurde die Szene höchstwahrscheinlich von der Videokamera eines sich in direkter Nähe befindenden Wasserwerfers dokumentiert. Der abgelehnte Antrag sah vor, alle Videoaufnahmen des „Tatortes“ und insbesondere dieser Quellen in einem Zeitraum von 30 Minuten vor der Festnahme bis 30 Minuten nach der Festnahme als Beweismittel beizuziehen.
 
Dieses Vorgehen verletzt erneut elementare Grundregeln des Rechtsstaats und der Strafgerichtsbarkeit. Der Außerparlamentarische Untersuchungsausschuss G20 (G20ApUA) stellt zudem fest, dass nun bereits zum zweiten Mal rechtswidrige Zeugenabsprachen seitens der Polizei nachgewiesen worden sind. Offensichtlich will die Hamburger Justiz an ihrer harten Linie festhalten, obwohl (oder weil) kürzlich der auf einer äußerst fragwürdigen juristischen Grundlage angestrengte Prozess gegen Fabio V. geplatzt ist.
 
Neun Monate nach dem G20-Gipfel sind die Justizorgane der Hansestadt offensichtlich weiterhin nicht willens, die maßgeblich von eskalierender Polizeigewalt geprägten Ereignisse in der Gipfelwoche aufzuarbeiten. Der G20ApUA wird deshalb in den kommenden Monaten diese dringend überfällige Aufarbeitung weiter vorantreiben.

G20ApUA: Innenbehörde missachtet rechsstaatliche Grundrechte

Posted: März 1st, 2018 | Author: | Filed under: Ergebnisse | No Comments »
 
Der Außerparlamentarische Untersuchungsausschuss G20 (G20ApUA) kritisiert das Verhalten der Hamburger Innenbehörde. Diese hat dem vor Gericht stehenden Konstantin P. während seines laufenden Verfahrens eine Ausweisungsverfügung zugestellt – ohne das Urteil des Amtsgerichts abzuwarten. Die Behörde fordert Konstantin P. auf, Deutschland umgehend zu verlassen. Zudem soll es ihm für fünf Jahre verboten sein, nach Deutschland und erweitert auch in den Schengenraum einzureisen. Dieses Verhalten steht im Gegensatz zu den Prinzipien des Rechtsstaats. Der Prozess wird morgen, am 2. März um 9 Uhr fortgesetzt.
 
Gemäß der Innenbehörde hat Konstantin P. „sich zwecks Durchsetzung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt, das Ausweisungsinteresse wiegt somit besonders schwer. Das gilt auch unabhängig von der strafrechtlichen Bewertung seines Handelns. Die von ihm begangenen Taten und deren Begleitumstände im Zusammenhang mit den G20-Krawallen sind i.Ü. nach der hier vorliegenden Anklageschrift zweifelsfrei nachgewiesen.“ Ob P. freigesprochen oder für schuldig befunden wird, ist für die Behörde nicht relevant, schließlich lasse alleine sein Verhalten „auf eine gewaltorientierte politische Gesinnung schließen, bzw. auf eine Gesinnung, die auch die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele einschließt und die Ausübung von Gewalt befürwortet. Dies birgt auch für zukünftige politische Begebenheiten und Veranstaltungen ein fortdauerndes Gefahrenpotenzial, das jedenfalls nicht nach dem G20-Gipfel einfach entfallen sein wird, sondern auch im Hinblick auf zukünftige andere vergleichbare politische Ereignisse, Veranstaltungen oder sonstige Anlässe, die von einer politisch motivierten gewaltbereiten Szene aufgegriffen und politisiert werden, weiterhin gegenwärtig sein dürfte, und zwar für einen noch deutlich langfristigen Zeitraum.“ Die Behörde bewertet eine von ihr erkannte „Gesinnung“ höher als das abzuwartende Urteil eines Gerichts – in einem Verfahren, in dem sich bislang bereits der Großteil der erhobenen Vorwürfe nicht bestätigt hat.
 
Das verwundert nicht. Denn der Behörde für Inneres und Sport geht es um mehr als um den konkreten Fall. „Es geht insoweit bei der Bekämpfung von derartig politisch motivierter Gewalt nicht nur um einen bedeutsamen materiellen bzw. körperlichen Schaden von möglichen Gewaltopfern, sondern nicht zuletzt auch um die Vermeidung eines erheblichen politischen Schadens und um den Schutz gewichtiger politischer Belange der Bundesrepublik.“ Und: „Darüber hinaus ist die Ausweisung auch aus generalpräventiven Gründen erforderlich. Es darf nämlich bei anderen Ausländern nicht der Eindruck entstehen, dass trotz derartiger Rechtsverstöße ausländerrechtliche Maßnahmen nicht ergriffen werden.“
 
Die Hamburger Innenbehörde macht damit im Rahmen eines Gerichtsverfahrens Politik. Sie verurteilt und bestraft jenseits der Strafgerichte vor, damit verlässt sie den Boden des Rechtsstaats. Rechtsanwalt Alexander Kienzle: „Die Ausländerbehörde ist offenbar nicht an rechtsstaatlicher Aufklärung interessiert. Stattdessen sollen an der strafgerichtlichen Aufarbeitung vorbei sanktionierende Maßnahmen mit den Mitteln des Ausländerrechts durchgesetzt werden. Dies ist rechtsstaatlich nicht hinnehmbar.“

G20ApUA: Aktenmanipulation und Zeugenabsprachen unter Berliner Polizeizeugen

Posted: Januar 16th, 2018 | Author: | Filed under: Ergebnisse | No Comments »
 
Der Außerparlamentarische Untersuchungsausschuss G20 (G20ApUA) kritisiert das Urteil gegen Christian R. und weist auf die im Prozessverlauf bekannt gewordenen Versuche der Aktenmanipulation und Zeugenabsprachen hin.
 
Während der Verhandlung kam es bei einem Beamten zu Widersprüchen zwischen dessen mündlicher Aussage und seinem Zeugenbericht in der Akte. Diese betrafen die Art der Verletzung eines Polizeikollegen sowie das Verhalten des Beschuldigten. Bei der Befragung durch die Verteidigung stellte sich heraus, dass der Polizist versucht hatte, einen Bericht, der im Widerspruch zu dem seiner Kollegen stand, heimlich gegen einen veränderten Bericht auszutauschen. Diesen Bericht hatte er mit der Bemerkung „Jetzt sollte es passen…“ an die Sonderkommission in Hamburg geschickt, wo der aufgrund eines Versehens aber nicht in die Akte gelangt ist.
 
Alle fünf Zeugen haben von einem einzigen gemeinsamen Treffen kurz vor dem ersten Hauptverhandlungstermin berichtet. Drei haben ausgesagt, dass die Zeugen bei diesem Treffen ihre Erinnerungen an das Geschehen ausgetauscht und abgeglichen hätten.
 
Trotz dieses eindeutig festgestellten Versuchs der Aktenmanipulation und der Absprachen während eines Vorbereitungstreffens erklärte Richter Johann Krieten in seiner Urteilsbegründung die Zeugen für uneingeschränkt glaubwürdig und bezichtigte Verteidiger Matthias Wisbar, der die oben beschriebenen Vorgänge als Aktenmanipulation und Aussagekomplott bezeichnet hatte, der »anwaltlichen Brandstiftung«. Dieser hält dem entgegen: »Die versuchte Aktenmanipulation durch die Soko Schwarzer Block und die Berliner Beamten sowie das unter anderem an eindeutig erfundenen Aussagen erkennbare Aussagekomplott der Zeugen hätte zu einem Freispruch führen müssen. Wer konsequentes Verteidigerhandeln als ‚anwaltliche Brandstiftung‘ bezeichnet, zeigt eine zutiefst rechtsfeindliche und undemokratische Haltung und ist für das Amt des Richters ungeeignet.“
 
Während der Hauptverhandlung wurde weiterer E-Mail-Verkehr zwischen Soko und Polizeizeugen bekannt, der Hinweise auf die Bereitschaft zur Manipulation der Akte gibt.
 
Auszüge:
Soko-Ermittler an die Polizeizeugen: „Ich bitte euch wie besprochen mir einen Bericht zu schreiben, in dem ihr nochmal schriftlich darlegt, was ihr mir gestern alle telefonisch erzählt habt. … Ich habe meinen Bericht den ich geschrieben habe nicht beigelegt. Solltet ihr „Fragen“ haben meldet euch gerne und wir werden alles im Sinne der Sache regeln können.“ (Mail Soko-Ermittler L. vom 19.7.2017)
„Da Herr R. weiterhin in Haft ist, wäre ich euch sehr dankbar, wenn ihr eure Berichte zeitnah fertigen könntet um mögliche weitere Haftprüfungen zu „überstehen“.“ (Mail L. vom
25.7.2017)
„Moin ihr vier, Herr R. ist weiterhin in Haft. Anbei eine Mail der zuständigen Staatsanwältin. Die von ihr genannten Fragen erscheinen etwas sehr kleinteilig, aber je genauer wir (ihr) es darlegen könnt, desto eher ist die StA in der Lage auch einen bes. schw. Fall des Landfriedensbruch begründen zu können. Insofern bitte ich euch eure Berichte nochmals hinsichtlich der genannten Fragen zu betrachten und diese ggf. entsprechend anzupassen, sofern ihr zu den offenen Punkten Angaben machen könnt.“ (Mail L. vom 26.7.2017)
 

G20ApUA: Polizeibeamte sprechen Gerichtsaussagen untereinander ab

Posted: Dezember 19th, 2017 | Author: | Filed under: Ergebnisse | No Comments »

Der Außerparlamentarische Untersuchungsausschuss G20 bringt der Öffentlichkeit Folgendes zur Kenntnis: Beim G20-Gipfel in Hamburg eingesetzte Polizeibeamt*innen werden von ihren Dienststellen dabei unterstützt, ihre Aussagen vor Gericht untereinander abzugleichen. In zumindest einer Dienststelle einer Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit (BFE-Einheit) existieren Aktenordner, in denen die Vernehmungsprotokolle von vor Gericht geladenen Beamten gesammelt und anderen vorgeladenen Beamten zugänglich gemacht werden. Das bedeutet: Ein Beamter, der zu einer Aussage vor Gericht geladen wird, weiß um die vorhergehenden Aussagen seiner Kollegen – eine unabhängige, der Wahrheitsfindung dienende Befragung ist also nicht möglich und wird aktiv verhindert. In einem Fall hat ein Beamter sogar privat einen Ordner mit Aussagen angelegt. Das LKA Hamburg hat den Beamten sogar deren Vernehmungsprotokolle ausgehändigt.

All dies ist im höchsten Maße rechtswidrig. „Diese Praxis kollidiert fundamental mit dem Ziel des Strafverfahrens, mittels zulässiger und tauglicher Beweismittel den wahren Sachverhalt zu ermitteln. Es findet der Versuch einer verdeckten Beeinflussung der gerichtlichen Wahrheitsfindung durch die Polizei zu Lasten der Beschuldigten statt“, sagt Rechtsanwalt Alexander Kienzle. Paragraph 58 der Strafprozessordnung gebietet, dass „Zeugen einzeln und in Abwesenheit der später zu hörenden Zeugen zu vernehmen“ sind. Bei der BFE-Einheit handelt es sich um die Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit 38 der Hessischen Bereitschaftspolizei in Mühlheim am Main. Die Angaben wurden als Beweis öffentlich in dem Verfahren gegen Konstantin P. am Amtsgericht Hamburg.